Das Gelände der ehemaligen Kaserne „Estienne et Foch“ in Landau markiert den Übergang von der Stadt zur Landschaft. Im Zuge der Landesgartenschau Landau 2015 wurden zwei Konversionsflächen für neue Nutzungen erschlossen und miteinander verbunden. Das Areal der Kaserne am südlichen Stadtrand ist in ein Wohngebiet umgewandelt worden, in dessen Zentrum der großzügige Südpark liegt. Das zugehörige „Kohlelager“, eine Bahnbrachfläche nahe dem markanten Gleisbogen, der Landau im Süden umschließt, wurde zu einem Sport- und Freizeitcampus mit stadtweiter Anziehung entwickelt.
Als Bindeglied zwischen städtischem Wohnraum, Fläche zur Freizeitgestaltung und geschützter Natur setzt sich eine Landschaftsachse vom Platz vor dem Kasernentor in die Landschaft hinein fort und verknüpft ihn mit dem Naturschutzgebiet Ebenberg. Neben den Bauwerken hat die militärische Nutzung auch dieses Fragment der einzigartigen Landschaft hinterlassen.
Die einstige Nutzung als Truppenübungsplatz haben das Areal nahezu 200 Jahre von einer landwirtschaftlichen Nutzung ausgeschlossen und auch weiterhin wird es vor dem Zutritt der Öffentlichkeit bewahrt. Kulminationspunkt der Landschaftsachse ist ein Aussichtsturm an der Grenze zum FFH-Habitat Ebenberg, der einen erhabenen Blick auf Stadt, umgenutztes Kasernengelände und Naturschutzgebiet ermöglicht.
Konzept / Leitidee
Als Teil des Oberrheinischen Grabenbruchs ist die Südpfalz eine außergewöhnliche Kulturlandschaft mit Wein- und Tabakanbau, morphologisch geprägt von der Rheinebene und den beiderseitigen Höhenzügen. Die Gestaltung greift die verschiedenen Charakteristika der Region auf und konstituiert eine enge Verbindung zum Standort.
Die Inszenierung des Südparks ist durch die tektonischen Verwerfungen des Oberrheinischen Grabenbruchs inspiriert. Die Bruchkanten, Aufstülpungen und Schichtungen des Gesteins spiegeln sich in der Ästhetik der Freianlagen wieder. So sind beispielsweise die Rasenflächen von Stahlrahmen gefasst und leicht gekippt, Holzauflagen an den Kanten laden zum Verweilen ein.
Entlang der Landschaftsachse thematisieren die die dauerhaft angelegten „Südpfalzgärten“ die Abfolge der Kulturlandschaften bis hin zum Pfälzer Wald. In verfremdeter Form zeichnen Waldgarten, Garten für Tabakkultur, Weingarten, Mandelgarten, Gemüsegarten, Ölgarten, Industriegarten und Rheingarten diese Abfolge nach. Musterbiotope mit Trockenmauern und Trockenrasengesellschaften vermitteln die reichhaltige Biotopstruktur der Kulturlandschaft.
Die lineare Struktur der verbliebenen, stillgelegten Gleisanlagen mit ihrer erhaltenswerten Sukzessionsvegetation bilden das Grundgerüst des Sport- und Freizeitcampus auf dem Gelände des Kohlelagers. Maxime für die neue Nutzung und Gestaltung war die behutsame Integration in den Bestand, sodass ökologische Belange berücksichtigt sind und die landschaftsästhetische Qualität des Ortes zum besonderen Erlebnis wird.
Funktionsbereiche / Erschließung / Barrierefreiheit
Vielseitige Möglichkeiten für Aufenthalt und Spiel ergeben ein generationsübergreifendes Naherholungsangebot. Die „klassischen“ Sportflächen des Kohlelagers werden durch ein umfangreiches Angebot für die Ausübung von Trendsportarten ergänzt. Eine ausgedehnte Dirtbike-Bahn setzt hierbei einen besonderen Akzent.
Der landschaftsarchitektonische Ansatz stellt ein „grünes Gerüst“ für die zukünftige Bebauung des neuen Quartiers dar. Es wird eine Infrastruktur erschlossen, die differenzierte Freiräume mit hoher Aufenthaltsqualität bietet und die Mischung aus denkmalgeschützten Kasernengebäuden und Neubauten vereinend umfasst.
Die Barrierefreiheit hat im Konzept der Landesgartenschau einen besonderen Platz eingenommen und wurde in Workshops, unter anderem mit dem Landesbeauftragten für die Belange behinderter Menschen, erarbeitet. Dem Bestreben, Wege ohne Hindernisse zu schaffen, sollten ästhetische Ansprüche jedoch nicht nachstehen. Unter anderem eine Rampe, die zur Aussichtsplattform auf das Naturschutzgebiet Ebenberg führt, hat eine nahezu skulpturale Anmutung.
Ökologie / Vegetation
Auftakt und Herzstück des Südparks ist ein imposantes Wasserbecken. Es ist von üppig bepflanzten „Wassergärten“ durchzogen, die der Wasserfiltration zugutekommen. Die anschließenden, großzügigen Rasenflächen sind von Pflanzbändern mit reicher Staudenpflanzung und Schottersedimenten, auf denen sich eine entsprechende Flora entfaltet, durchzogen.
Die Erschließungsstraßen des neuen Wohnquartiers werden durch den gezielten Einsatz markanter Baumarten strukturiert und aufgewertet. Blühende Gehölze gliedern das Quartier von Nord nach Süd, strukturgebende Arten in Ost-West-Richtung. Die Landschaftsachse mit Linden und ein Baumhain mit Gleditschien heben sich als Sonderstrukturen deutlich ab und betonen die Eigenständigkeit der zentralen Achse.
Den intensiv gestalteten Flächen von Park, Landschaftsachse und Landesgartenschauflächen steht das extensiv angelegte Gelände des Kohlelagers gegenüber. Durch das sukzessive Pflanzkonzept blieb die Ruderalvegetation als Raumstruktur erhalten. Lediglich naturnahe Wiesen wurden angesät und punktuell um eine standortgerechte Gehölzpflanzung von Birken ergänzt. Angrenzend zum Naturschutzgebiet blieb ein breiter Gehölzsaum erhalten. Für die schützenswerten Bestände der Mauereidechsen wurden Habitate aus grobem Schotter aufgeschüttet, die sich harmonisch in die linearen Strukturen einfügen.
Wirtschaftlichkeit / Nachhaltigkeit
Sowohl zu Gunsten der Nachhaltigkeit als auch der individuellen Standortcharakteristik lag das Bestreben auf der Wiederverwendung von Bestandsmaterialien. So wurde beispielsweise das Kleinsteinpflaster des Kasernengeländes im Südpark recycelt. Pflanzungen, die über die Dauer der Landesgartenschau hinaus angelegt sind, bedürfen überwiegend einer extensiven Pflege. Die Wiesen entlang des renaturierten Birnbachs sind zum Wohle der heimischen Fauna einschürig.
Besonderheit / Alleinstellungsmerkmal
Die Umnutzung der Estienne-et-Foch Kaserne ist ein beispielhaftes Konversionsprojekt. Mit einer Fläche von 27 ha und einer Bausumme von 13 Mio. Euro ist es eines der größten Freiraumprojekte des Bundeslandes Rheinland Pfalz. Es wird den Zeugnissen der Garnisonsstadt ebenso gerecht, wie den Anforderungen einer langfristigen Stadtentwicklung, die der wachsenden Population in der Region zugeschnitten ist.
Die Lagegunst, die eine attraktive Freiraumgestaltung schafft, wurde in Landau als effektives Vermarktungsinstrument erkannt. Die dauerhaft angelegten Strukturen der Landesgartenschau bilden den ansprechenden Rahmen der zukünftigen Baugrundstücke, auf denen die temporären Schaugärten errichtet sind.